Max' Zuhause
Das Haus, in dem Katie, Max und Chloe wohnen, unterscheidet sich durch seine überragende Höhe sowie die auffällige rote Farbe und die weißen Zierformen der Fassade von den Häusern der Umgebung.


Das Haus, in dem Katie, Max und Chloe wohnen. Trailer 0:38 Min. Quelle: YouTube



Zierlement der Fassade
Die zwei in dieser Einstellung sichtbaren Seiten der Fassade weisen jeweils sechsmal ein dreieckiges Zierelement über den schmalen Seitenfenstern auf. Die Dreiecke haben einen Innenwinkel von 60 Grad.
Setzte man die sechs dreieckigen Zierlemente einer Fassadenseite zu einer regelmäßigen Form zusammen, erhielte man das Siegel Salomons, besser bekannt als Davidstern.

Siegel Salomons oder Davidstern


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Die Farbe rot dominiert auch das Wohnzimmer von Katies Appartment. Dagegen ist das Badezimmer in den Farben weiß, türkis und graublau gehalten.


Katies Badezimmer. Trailer 2:45 Min. Quelle: YouTube

Auch hier finden sich wieder 60-Grad-Winkel, und zwar in der Verstrebung der hölzernen weißen Waschbecken-Unterkonstruktion. Sie erinnern an die X-förmigen Seiten des Davidsterns. Durch die Kombination mit der Farbe weiß und Blautönen (Graublau der Bodenfliesen, Grünblau der Kacheln) wird die Flagge des Staates Israel aufgerufen.

Katie kleidet sich meist in den Farben der israelischen Nationalflagge (blau-weiße Trainingsjacke zu blauer Hose; blaue Jeansjacke mit weißem Fellbesatz; blaues Jackett mit weißem Innenfutter und weiß-blau gestreiftem Shirt). Auch die Eingangstür ihres Appartments (blaue Tür, weißer Rahmen) und Max' Halsband (blau auf weißem Fell) passen ins Bild.


Nationalflagge Israels
   

Während so Katies Appartment sowie Katie und Max selbst mit dem Staat Israel und der jüdischen Glaubensgemeinschaft in Beziehung gesetzt werden − die Farben der Nationalflagge haben ihr Vorbild im jüdischen Gebetsschal Tallit (vgl. Wikipedia, "Flagge Israels") −, ist Eindringling Duke mit anderen Farben und Formen konnotiert.



Eindringling Duke
Der große, als Mischling bezeichnete Hund (vgl. Filmkritik von Abad-Santos) mit dem zotteligen braunen Fell und dem schwarzen Halsband wird von Max als Eindringling, Konkurrent, Störenfried empfunden. Er benimmt sich impulsiv, dominant, tolpatschig und rücksichtslos.
Als er die neongelbe Vase in Katies Appartment umwirft, deutet eine − im bereits aufgezeigten Zusammenhang − signifikante Form an, wen Duke repräsentiert.


Duke, nachdem er die neongelbe Vase umgestoßen hat. Trailer "Trashing the Apartment", 0:13 Min. Quelle: YouTube



Dukes Marke. Bilddetail
 
Sichelmond-Form
  Der Bogen des Großbuchstabens "D" auf Dukes Halsband-Anhänger bildet eine Sichelmond-Form. Der Sichelmond ist ein bedeutendes Symbol im Islam (vgl. Wikipedia, "Mondsichel"). Es findet sich etwa an Moscheen, auf Flaggen muslimischer Nationen und Logos muslimischer Organisationen.

Wenige Einstellungen später wird Duke neben einer blauen Vase gezeigt, wobei seine Gesichtsbeharung grau erscheint wie die eines alten Mannes.


Duke mit angedeutetem grauen Vollbart.Trailer "Trashing the Apartment", 0:22 Min. (Ausschnitt). Quelle: YouTube
  Man fühlt sich an traditionelle Vollbärte älterer muslimischer Männer erinnert. Der leere goldene Bilderrahmen rechts im Hintergrund mag an das Bilderverbot der muslimischen Religion erinnern. Die geschwungenen schmalen Blätter der Pflanze davor deuten die in der islamischen Kunst deshalb ausgeprägte ornamentale Schriftgestaltung (Kalligrafie) an, wie sie sich etwa auf dem Umschlagtitel eines Korans finden ließe.



Die Farben grün und rot
Das Haus, in dem Katie, Max und Chloe wohnen, ist an einer Seite der Fassade mit grünen Feuerleitern ausgestattet. Ihre Farbe bildet einen starken Kontrast zur roten Fassade. Die Feuerleiter ist durch die Fensterfront im Wohnzimmer von Katies Appartment sichtbar und bildet gemeinsam mit den ebenfalls grün gestrichenen Fensterrahmen eine Gitterstruktur.
Als Max sich über Duke bei Chloe, die über ihm im selben Haus wohnt, beklagen geht, benutzt er die Feuerleiter, um zu ihr zu gelangen.

Ringsum von Gitterstäben umgeben wirkt Max, als befände er sich in einem Gefängnis.


Max auf der Feuerleiter. Trailer 3, 0:54 Min. Quelle: YouTube

Wikipedia erklärt zur Farbe grün: "[...] Grün ist die Farbe des Islam. Der Prophet Mohammed soll sich bevorzugt grün gekleidet haben. Dementsprechend sind Schmuckelemente in Moscheen bevorzugt in grün gehalten. Die Flaggen vieler islamischer Staaten enthalten Grün, darunter prominent die Flaggen von Mauretanien, Saudi-Arabien und zwischen 1977 und 2011 die Flagge Libyens" (Wikipedia, "Grün").

Die Farbe ist auch auf mehrfache Weise mit den Palästinensern verbunden. Sie kommt sowohl in der Flagge der Palästinensischen Autonomiebehörde bzw. des Staates Palästina als auch in der der Hamas vor (zur Anerkennung des Staates Palästina vgl. Wikipedia, "Staat Palästina"). Die Grün-rot-Kombination der linken Flagge kennzeichnet die Palästinenser als Teilgruppe der Muslime der Region.


 
Flagge Palästinensische Autonomiebehörde
 
Flagge der Hamas. Quelle: Wikipedia
 

Die Juden in Israel sehen sich von feindlich gesinnten muslimischen Staaten umgeben. Da liegt die Gefängnis-Metapher nahe.

Eine Ins-Bett-geh-Szene zeigt Max (weißes Fell, blaues Halsband) ringsherum umgeben von den Farben grün und rot. Während sein Konkurrent Duke (hier nicht im Bild) neben ihm liegt, tauscht Max vertrauensvoll-freundliche Blicke mit Katie, die in dieser Szene eine gestreifte Schlafanzughose zu gepunkteten Puschen ('stars and stripes') und ein T-Shirt mit dem Logo eines (US-amerikanischen?) Colleges trägt.


Max in seinem Körbchen. Trailer 3, 1:35 Min. Quelle: YouTube




Hüte machen Leute

In der Ins-Bett-geh-Szene des Films sitzen die Kontrahenten Duke und Max im dunklen Wohnzimmer.

Die Bildelemente über ihren Köpfen deuten traditionelle Kopfbedeckungen an, die für den jeweiligen Kulturkreis/die jeweilige Religions-Gemeinschaft, der die beiden zugeordnet werden sollen, signifikant sind.

Die rote, zylindrische Seitenlehne über Dukes Kopf ähnelt einem Fes. Wikipedia ordnet den Fes, einen roten Hut in Form eines Kegelstumpfes, dem Orient zu (vgl. Wikipedia, "Fes (Kopfbedeckung)").

Dagegen erinnert die stumpfkegelige Schirmlampe senkrecht über Max' Kopf an den sog. "Judenhut". Er war ursprünglich Teil der traditionellen Tracht der Juden im mittelalterlichen Europa. Als seitens der nicht-jüdischen Obrigkeit in einigen europäischen Ländern die Forderung laut wurde, er solle als Erkennungszeichen der Juden getragen werden, schwand seine Beliebtheit (vgl. Maike Vogt-Lüerssen: Alltagsgeschichte des Mittelalters; Wikipedia, "Judenhut").









Max und Duke. Hutandeutungen. Trailer 3, 1:36 Min. Ausschnitt (aufgehellt) Quelle: YouTube
Bildquelle "Mann mit Judenhut": kleio.org




Wirtschafts-Vergleich: Israel und die Arabischen Staaten


Jaffa-Werbung. Emailleschild. Quelle: itrade.gov.il
Zitrusfrüchte − allen voran die im Westen bekannteste Jaffa-Orange − gehören zum Gründungsmythos Israels (vgl. Hanspeter Stalder: Jaffa The Orange's Clockwork ). Sie blieben bis in die frühen 90er Jahre ein Hauptexportgut. "Erst nach der Implosion des sowjetischen Blocks und seiner Satelliten überschritt das Exportvolumen von Hi-Tech-Produkten jenes der Früchte. Heute [2015] entstammt fast die Hälfte der Güter, die Israel verlassen, aus dem Hi-Tech-Sektor." (Hemdat Sagi: Vom Orangenhandel zur Startup-Wirtschaft)

Der Reichtum der Israel umgebenden Arabischen Staaten entstammt dagegen der Erdölförderung und der Herstellung von Erdölprodukten. Israel fördert nur wenig Erdöl. Und erst 2009 und 2010 wurden die Gasfelder Tamar und Leviathan vor der israelischen Küste entdeckt. "Seit 2009 gehört das Land [dadurch] zu den führenden Exporteuren von Erdgas." (Wikipedia, "Wirtschaft Israels"). Im Jahr 2015 "[...] vereinbarten der russische Präsident Vladimir Putin und Israels Premierminister Benjamin Netanyahu die Vergabe umfangreicher Konzessionen an Gazprom, um die Leviathan-Lagerstätte zu entwickeln." (Wikipedia, "Leviathan (Erdgasfeld)").

Der Animationsfilm Pets thematisiert die unterschiedlichen Wirtschaftsfelder, die Israel und die Arabischen Länder ausmachen, durch Attribute, die den Repräsentanten Max und Duke beigefügt werden.
Im Verlauf der Szene, in der Max das Appartement verwüstet, fängt Duke eine Reihe von Gegenständen auf, die Max vom Tresen stößt. In zwei räumlich und farblich getrennten Bildbereichen, in denen die Protagonisten jeweils im Zentrum agieren, sind Gegenstände positioniert, die für die wirtschaftlichen Hauptbetätigungsfelder stehen.

Während Israel durch die Obstschale mit den Zitrusfrüchten im Vordergrund dem westlichen Filmzuschauer als sympathisch naturnahe Agrarnation vorgestellt wird. Stehen Erdgasförderung (durchsichtige, bauchige Glasflasche mit flammenförmigem Stopfen), High-Tech (Musikanlage mit Lautsprecher) und Ölfracking-Option (gestapelte Steine in durchsichtiger Flüssigkeit; Magazine = öffentliche Debatte) optisch eher im Hintergrund.



Wirtschaft Israels und der Arabischen Staaten − aus israelischer Sicht. Trailer "Trashing the Apartment", 0:47 Min. Quelle: YouTube

Ganz anders dagegen das Bild auf der Gegenseite: Duke erscheint in der Pose des Raffgierigen und ängstlich um seinen Besitz Besorgten, der die Dinge in Pfoten und Maul umklammert hält und ängstlich auf Max schielt. Das große Buch mit Süßspeisen-Abbildungen auf dem Cover im Zentrum der Umklammerung trägt den Titel "Gluttony" − zu deutsch Gefräßigkeit, Unersättlichkeit. Die aus dem 'Fellball' herausragende schmale, hohe Öl(!)flasche und die islam-grüne Pfeffermühle ähneln in ihrer Form Ölfördertürmen. Von der Pfeffermühle lässt sich in Verlängerung ihrer Hauptachse eine Linie ziehen, die auf das tiefschwarze Halsband weist, das ein unterirdisches Ölvorkommen repräsentieren könnte. In seiner linken Vorderpfote hält Duke eine weiße Kerze, die für die Weiterverarbeitung des Erdöls (hier zu Paraffin) stehen könnte.

Dass Israel einer der größten Exporteure von Rüstungsgütern ist (vgl. Wikipedia, "Wirtschaft Israels") fällt in dieser Darstellung der Wirtschaftsfelder ebenso unter den Tisch wie die Tatsache, dass 20 Prozent seiner Exporte Diamanten ausmachen (2012, vgl. Wikipedia, "Wirtschaft Israels").

Wer von den beiden sympathischer wirkt, darf der Zuschauer entscheiden.




Fazit
Der Animationsfilm The Secret Life of Pets handelt nicht, wie die westliche Filmkritik durchgehend annimmt, von New Yorker Haustieren und ihren Besitzern, sondern vom Zusammenleben der Juden und Palästinenser in Israel und den dortigen Problemen − freilich aus israelischer Sicht betrachtet, mit den entsprechenden Stereotypen. Da sich die westliche Filmkritik fast ausnahmslos im Nacherzählen der rasanten und plakativen Oberflächen-Story erschöpft, entgeht ihr die Hintergrund-Erzählung. Nicht einmal das ins Zentrum gerückte One World Trade Center auf dem Filmplakat, das unvermeidlich das Geschehen am 11. September 2001 und seine Folgen in Erinnerung ruft, vermag es, auch nur einen der "professionellen" Kritiker auf die Spur zu führen.

Nur zwei mir bekannte Kritiken beherzigen wenigstens die Binsenweisheit der Literaturwissenschaft, dass Tierfabeln nicht von Tieren, sondern von Menschen handeln: Wolfgang M. Schmitt: Pets und Zoomania − Kritik & Analyse und Jason Johnson: What The Secret Life of Pets Gets Wrong About Black Power and White Privilege.

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Dritter Teil:  Die Wurstfabrik-Episode

Vierter Teil:  Zukunftsvisionen


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