Die Wurstfabrik-Episode
In dieser Episode bewegen sich Max und Duke durch eine Welt aus Wurst. In je einer Wanne sitzend, werden die beiden von einer Lokomotive durch ein surreales Szenario mit tanzenden und herumfliegenden Wiener Würstchen und Hot Dogs gezogen. Die Reise beginnt im Innern einer Wurstfabrik, dann fährt der Zug die beiden durch eine Burgenlandschaft mit grünem Rasen, vorbei an einem Kreis ringewerfender Wiener Würstchen, einer Kapelle aus Wiener Würstchen in hügeliger Rasenlandschaft mit riesigen rot-weiß karierten Tischdecken. Würstchen an Fallschirmen springen aus einem Wurst-Zeppelin. Dann tanzt ein Ballett aus Wiener Würstchen, gekleidet wie hawaiianische Hula-Mädchen, während sie von Max und Duke gefressen werden. Danach sehen wir Duke auf dem Rücken liegend, dem Würstchen in einer Reihe ins Maul tanzen, während Max nach einem herumfliegenden Würstchen in Form eines Flugzeuges schnappt. Zum Schluss der Episode springen Max und Duke in einen Pool voller Würste und rudern auf dem Rücken liegend mit Vorder- und Hinterläufen, während sie von tanzenden Würsten umringt sind, die geometrische Muster bilden. Die Kamera, die in dieser Schlusseinstellung aus der Vogelperspektive filmt, zieht auf und scheint dabei in den Himmel zu steigen. Schließlich wird der Blick auf die Szenerie von einer Wolke verdeckt.


Fassade der Wurstfabrik. Filmbesprechung auf YouTube-Kanal "Flicks and the City", 3:03 Min. Quelle: YouTube

Die Episode illustriert einerseits die Idee eines 'Hundehimmels' mit Würsten ohne Ende, zeigt aber andererseits verzerrt die Bildwelt der industriellen Fleischproduktion mit riesigen Fleischwölfen, Unmengen an portioniertem Fleisch an Stahlhaken und in Stahlwannen. Der Schlussteil der Episode ist unterlegt mit dem finalen Song "We Go Together" des Musicals Grease.
Die Kombination von Elementen einer Wunscherfüllungs-Phantasie ('Fresshimmel') mit denen der Massen-Tiervernichtungsrealität der modernen Fleischindustrie erzeugt die Anmutung der Vision eines Geisteskranken, Drogenberauschten oder religiös Entrückten.

Die Episode weist zahlreiche Anspielungen auf Nazi-Deutschland und den Massenmord in den Konzentrationslagern auf, die auf einer Zeitachse angeordnet sind, die synchron zur Handlung verläuft.


1933 − Machtergreifung der Nazis


Fassade mit Reichsadler-Andeutung
Die Eröffnungseinstellung zeigt die vordere Fassade der Wienerwurstfabrik. Die Abbildung links zeigt das Gebäude links neben dem Hauptgebäude. Im oberen Teil der Fassadenstruktur ist ein Reichsadler-Emblem angedeutet. Der stilisierte Reichsadler mit angelegten Flügeln lässt sich aufgrund der ihm mitgegebenen Attributandeutungen eindeutig zuordnen:
Das links senkrecht verlaufende, metallene Regenabflussrohr ähnelt einem erhobenen Schwert, während die Fassadenkontur rechts eine Blitzform bildet. Diese beiden Attribute kennzeichnen den Reichsadler auf dem Wappen Preußens zwischen 1933 und 1935.




Reichsadler Preußens 1933−35.
Quelle: Wikipedia




1936 − Olympische Spiele in Berlin


Max mit Wurst-Medaille
Während sie mit dem Zug an winkenden Würstchen vorbeifahren, bekommen Duke und Max je einen Ring aus Würsten um den Hals geworfen (3:04−3:06 Min.).

Zuerst fällt senkrecht ein kleinerer Wurstring an einem silbrigen Topfstapel vorbei um Max' Hals. Dann fällt ein größerer Wurstring an einem gelblich von der Sonne beschienenen Wurstturm vorbei um den Hals des höher aufragenden Duke. Die beiden machen daraufhin begeisterte Mienen und wenden sich nach rechts und links, als ob sie sich stolz einem Publikum präsentierten. Das Geschehen erinnert an die Verleihung einer Silber- und einer Gold-Medaille im Rahmen einer Olympia-Zeremonie. Passenderweise fallen die Wurstringe aus dem Himmel, von dort also, wo der griechisch-römische Göttersitz Olymp zu verorten ist.

Unmittelbar darauf fahren die beiden an einem Kreis von ringewerfenden Wiener Würsten vorbei (3:07−3:09 Min). Die Ringe überlagern sich in der Luft und deuten so das Olympia-Emblem aus fünf Ringen an.



Ringewerfende Würstchen-Figuren. "Secret Life of Pets Easter Eggs", 3:07 Min. Quelle: YouTube



1937 − Hindenburg-Katastrophe
Am 6. Mai 1937 verunglückte der deutsche Zeppelin „Hindenburg“, eines der größten jemals gebauten Luftschiffe (vgl. Wikipedia, "LZ 129").
Der in der Pets-Episode gezeigte Braten-Zeppelin, von dem Würstchen mit Fallschirmen abspringen, geht zwar nicht in Flammen auf wie sein reales Vorbild. Der Zusammenhang von Nazi-Zeit, Zeppelin und gekochtem bzw. gebratenem Fleisch dürfte hier aber wohl geschmackloser Hinweis genug sein.


Braten-Zeppelin. "Secret Life of Pets Easter Eggs", 3:18 Min. Quelle: YouTube



Fasces
"Ein Fascis (lat. fascis 'Bündel'), Plural Fasces, ist ein Rutenbündel, in dem ein Beil steckt. Fasces waren das Amtssymbol der höchsten Machthaber des Römischen Reichs und wurden diesen von ihren Amtsdienern (Liktoren) vorangetragen, weshalb sie auch Liktorenbündel genannt werden. In neuerer Zeit wurde das Symbol in Staaten verwendet, die sich auf das alte Rom berufen, etwa von den Vereinigten Staaten von Amerika, dem republikanischen Frankreich sowie dem faschistischen Italien" (Wikipedia, "Fascis").

Verschiedentlich wird die Ansicht vertreten, dass sich das Wort "Faschismus" von ital. fascio (Rutenbündel) herleite (vgl. etwa Brockhaus 2006, "Faschismus"; Duden Herkunftswörterbuch, "Faschismus"; anders Wikipedia, "Fascis").



Emblem der National-Faschistischen Partei Italiens. Quelle: Wikipedia


Wappen der SS-Grenadier-Divi-
sion Italia. Quelle: Wikipedia


In dem Teil der Episode, der in einer Rasen- und Burgenlandschaft spielt, erscheinen mehrfach aufragende Wurstbündel, die von schräg umlaufenden Wurststrängen umringt werden. Mehrfach erscheinen auch übergroße rot-weiß karierte Tischdecken, wie sie in Süddeutschland und Italien üblich sind.


Fascis-Andeutung durch aufragendes Wurstbündel. "Secret Life of Pets Easter Eggs", 3:05 Min. Quelle: YouTube




Wurst-Fasces und ringewerfende Würstchen (Olympia-Anspielung)."Secret Life of Pets Easter Eggs", 3:07 Min.
Quelle: YouTube




Wurst-Fascis. Fallschirm-Formen erinnern an Beil-Schneiden."Secret Life of Pets Easter Eggs", 3:18 Min. Quelle: YouTube



Konzentrationslager
Der YouTube-Clip "~The secret life of pets sausages scene" zeigt einen Ausschnitt aus der Wurstfabrik-Episode, der im Innern der Fabrik spielt. Zu Beginn sieht man, wie Fleischstücke mittels Fleischwölfen zu Hackfleisch verarbeitet werden. Die Szene ist mit Orchestermusik unterlegt. In Sekunde sechs bis acht des Videos dominiert eine Klarinette die Musik, die auf die klagende Weise spielt, die man aus der jüdischen Klezmer-Musik kennt. Während die Klarinetten-Stimme ausklingt, sieht man im Close up ein trichterförmiges Rohrende, das in einem Lochblech endet und an einem gebogenen Rohr von der Decke ragt. Weitere Armaturen gleicher Art sind im Hintergrund zu sehen. Über dem Rohrende gibt ein gewölbtes Glasdach den Blick auf den Himmel frei.



Duschkopf-Anspielung. sausages scene-Video, 0:08 Min. Quelle: YouTube

Zu den verschiedentlich in den Konzentrations- und Vernichtungslagern eingerichteten Duschraum-Attrappen siehe Wikipedia, " Gaskammer (Massenmord)".

Aus dem Rohrende quellen dann Würstchen. In den folgenden Einstellungen der Szene sieht man sie auf Max und Duke herabregnen. Die beiden machen sich begeistert schmatzend darüber her. Schließlich scheinen sie vor Glück benommen im Himmel zu schweben.



Hinweise des Regisseurs
In einem Interview mit dem Internetportal Entertainment Weekly spricht Regisseur Chris Renaud über den − dort als "insane Grease scene" bezeichneten − Musical-Teil der Wurstfabrik-Episode. Über die Wahl des Grease-Titels "We Go Together", der dem zweiten Teil der Wurstfabrik-Episode unterlegt ist, schreibt Marc Snetiker, der das Interview führte:

But it was a Universal Music staffer who suggested “We Go Together” from Grease on a whim. “It just felt like it fit perfectly, truly,” says Renaud. “So we re-recorded it ourselves, with the sausages singing, versus the original cast from the film, which we temped in. Everyone had fun. We did a little bit of a Busby Berkeley thing there, even an Esther Williams thing. This old-timey feel that, if you notice even, with the characters having those black eyes, the old version of Mickey Mouse.”

Die Inspirationsquellen, die Renaud angibt, entstammen den 30er und 40er Jahren des vergangenen Jahrhunderts:
- Der Regisseur und Choreograf Busby Berkeley war zwischen 1930 und 1943 an Filmen mit Tanzchoreografien beteiligt. Sie enthalten komplexe geometrische Figuren mit einer großen Anzahl von Tänzerinnen als geometrische Elemente.
- Die Schauspielerin Esther Williams wirkte zwischen 1942 und 1955 an „Aqua-Musicals“ mit.
- Die Disneyfigur Mickey Mouse hatte zwischen 1928 und 1937 schwarze Augen.

In den 30er und 40er Jahren herrschten in Deutschland die Nationalsozialisten und in Italien die Faschisten.


Fazit
Die Wurstfabrik-Episode ist durchzogen von chronologisch angeordneten Anspielungen auf Nazi-Zeit und Konzentrationslager.
Das Vorhandensein solcher Verweise in einem als Familienfilm beworbenen Streifen erscheint fragwürdig.
Erzähllogisch stellt sich die Frage, warum Max und Duke auf einen solchen "Trip" geschickt werden. Schließlich waren Juden (von Max repräsentiert, vgl. Zweiter Teil meiner Analyse) und Muslime bzw. Araber (von Duke repräsentiert) nicht in vergleichbarer Weise vom Massenmord der Nazis betroffen.
Dieser Frage werde ich im nächsten Teil meiner Analyse nachgehen.

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Vierter Teil:  Zukunftsvisionen


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